Einleitung
Supervision soll Reflexion, Klärung und Unterstützung fördern. Manchmal wird sie jedoch leider als Macht- oder Demütigungsinstrument missbraucht. In diesem Beitrag skizziere ich typische Fehlentwicklungen, die mir immer wieder einmal begegnen und zeige mögliche Vorschläge, wie Supervision stattdessen konstruktiv gestaltet werden kann.
1. Wenn Auswahl und Selbstbestimmung fehlen
Ein zentrales Leitprinzip wirksamer Supervision ist, dass die Supervisandinnen (Teilnehmenden) Vertrauen aufbauen können. Dieses entsteht besonders dann, wenn sie die Auswahl der SupervisorIn mitgestalten können oder das Angebot zur Supervision als eine Selbstverständlichkeit angeboten wird, die selbstbestimmt in Anspruch genommen werden kann.
- Zwang zur Zuteilung
Wird Mitarbeiterinnen eine bestimmte Supervisorin willkürlich zugewiesen, fühlen sie sich oft übergangen. Sie verlieren das Gefühl von Mitbestimmung und erleben die Sitzung von Anfang an als verpflichtend und bevormundend.
- Fehlende Passung
Unterschiedliche Arbeits- und Kommunikationsstile zwischen Supervisor und Supervisandin können Misstrauen schüren. Ohne Wahlmöglichkeit findet kein echter Beziehungsaufbau statt.
Praxis-Tipp:
Geben Sie Ihren Mitarbeitenden die Möglichkeit, unter drei bis fünf qualifizierten Supervisor*innen zu wählen. Ein kurzes Kennenlern-Gespräch im Vorfeld (ohne Dritte) kann helfen, Sympathien und fachliche Schwerpunkte abzugleichen.
2. Öffentliches „Vorführen“ im Supervisions-Vorgespräch
Ein weiteres problematisches Szenario: In einem größeren Kreis – teilweise mit Vorgesetzten und Personalverantwortlichen anwesend – werden Anliegen der SupervisandInnen besprochen. Dies geschieht oft in Form eines „Vorgesprächs zur Supervision“, in dem:
1. Mitarbeitende ihre Themen öffentlich benennen müssen.
2. Kritikpunkte oder persönliche Schwierigkeiten vor dem Team dargelegt werden.
3. Vorgesetzte sogar direkt intervenieren und vor anderen Nachfragen oder korrigierende Bemerkungen einbringen.
Dieses Setting führt schnell zu Schamgefühlen, weil die betroffenen Personen sich entblößt und bloßgestellt fühlen.
Praxis-Tipp:
Das Erstgespräch über das Anliegen sollte stets vertraulich und unter vier Augen stattfinden – idealerweise nur zwischen der Führungskraft (DV) und dem Supervisand bzw. der Supervisandin. Erst danach kann entschieden werden, ob ein Fall im größeren Kreis besprochen werden sollte, und das nur mit ausdrücklicher Zustimmung der Betroffenen.
3. Persönliche Gespräche als Basis für Vertrauen
Damit Supervision nicht zum Demütigungsinstrument verkommt, braucht es zwei Grundsäulen:
1. Vertrauliche Klärung im direkten Dialog
Anliegen und Erwartungen sollten zuerst zwischen der Führungskraft (DV) und dem/der Mitarbeiter*in besprochen werden – ohne Publikum, ohne Agenda fremdbestimmt von Dritten.
2. Freiwilligkeit und Transparenz
Supervision muss von allen Beteiligten als sinnvolle Hilfe begriffen werden. Deshalb ist Offenheit über Ziele, Methoden und Ablauf entscheidend und muss kommunikativ ausgehandelt werden.
Fazit
Supervision ist ein wertvolles Instrument der Organisationsentwicklung und persönlichen Förderung –wenn sie richtig eingesetzt wird. Fehlen Vertraulichkeit und Selbstbestimmung, wird Supervision schnell zur Bühne der Demütigung und des Machtmissbrauchs.