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Posttraumatische Belastung verstehen– ein Einblick in das Buch „Die einfachste Psychotherapie der Welt“

In ihrem eindrücklichen Buch „Die einfachste Psychotherapie der Welt“ (2024) vermitteln Maggie Schauer, Thomas Elbert und Nataly Bleuel auf verständliche Weise, wie tiefgreifend traumatische Erfahrungen das Leben eines Menschen beeinflussen können. Die Autor:innen zeigen nicht nur auf, wie weit verbreitet Traumata weltweit sind, sondern auch, wie sie entstehen, wie sie sich äußern – und vor allem, wie Heilung möglich wird. Im Zentrum steht die sogenannte Narrative Expositionstherapie (NET), eine niederschwellige und wirkungsvolle Methode, die das Erzählen der eigenen Lebensgeschichte in den Mittelpunkt stellt. Das Buch ist zugleich ein Plädoyer für mehr gesellschaftliche Achtsamkeit gegenüber den Folgen von Gewalt, Vernachlässigung und existenzieller Bedrohung.

Wie entsteht eine Posttraumatische Belastungsstörung (PTBS)?

Nach Schauer et al. entsteht eine PTBS nicht durch ein einzelnes Schockereignis, sondern meist durch eine Abfolge belastender Erfahrungen, die sich im Leben eines Menschen kumulieren. Dieses Phänomen bezeichnen die Autor:innen als „Building-Block-Effekt“: Mehrere traumatische Erlebnisse – wie emotionale Vernachlässigung, körperliche oder sexuelle Gewalt, Bedrohung, Flucht oder soziale Ausgrenzung – lagern sich wie Bausteine aufeinander. Irgendwann ist das psychische System überlastet. Entscheidend ist dabei, dass traumatische Erlebnisse nicht wie normale Erinnerungen im Gedächtnis abgespeichert werden. Die emotionale „Hitze“ der Erfahrung brennt sich tief ein, ohne dass Zeit, Ort oder Zusammenhang verankert werden können. Dadurch kommt es zu einer Art innerem Alarmzustand, bei dem äußere Reize (Gerüche, Geräusche, Orte) jederzeit die alten Gefühle von Angst, Hilflosigkeit oder Erstarrung reaktivieren können. Die Betroffenen erleben die Vergangenheit im Jetzt – ein zentrales Kennzeichen der PTBS.

Welche Folgen und Auswirkungen hat PTBS?

Die Auswirkungen einer Posttraumatischen Belastungsstörung sind vielschichtig und betreffen das gesamte Leben eines Menschen. Psychisch äußert sich die Störung oft durch Flashbacks, Albträume, emotionale Taubheit, Angstzustände und Depression. Viele Betroffene leiden unter Dissoziation – sie fühlen sich vom eigenen Körper oder von der Umgebung abgespalten. Hinzu kommt ein stark erhöhtes Erregungsniveau: Schlafstörungen, Reizbarkeit, Schreckhaftigkeit und Konzentrationsprobleme sind häufig. Körperlich zeigen sich die Folgen in Form von chronischen Schmerzen, Verdauungsproblemen, Bluthochdruck oder geschwächtem Immunsystem. Diese körperlichen Symptome sind Ausdruck eines Nervensystems, das dauerhaft im Überlebensmodus verharrt.

Auch soziale Beziehungen sind betroffen: Menschen mit PTBS ziehen sich oft zurück, vermeiden Nähe und können Gefühle schwer regulieren. Die Folge ist Isolation. Hinzu kommt, dass traumatische Muster häufig unbewusst an die nächste Generation weitergegeben werden – in Form von Bindungsstörungen, Erziehungsproblemen oder sogar epigenetischen Veränderungen. Die Autor:innen sprechen deshalb von einer „stillen Epidemie“, die ganze Gesellschaften betrifft. Besonders gravierend ist dies in Krisenregionen, bei Geflüchteten oder in Armut lebenden Familien, wo Trauma häufig auf Trauma folgt – ohne Möglichkeit der Bearbeitung.

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